Dass mich Milica Vučković Roman „Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen“ beeindruckt hat, konnte man in den "Oberösterreichischen Nachrichten (9.7.25) lesen:
In ihrem Herkunftsland Serbien ist die 1989 geborene Autorin
Milica Vučković längst keine Unbekannte mehr. Seit ihr
Roman „Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen“ in deutscher Sprache erschienen
ist (Übersetzung Rebekka Zeinzinger), ist ihr Bekanntheitsgrad auch bei uns
sprunghaft angestiegen. Aus gutem Grund! Das schmale, aber inhaltlich reiche
Buch von nicht ganz 200 Seiten enthält genug Leben für einen Roman von der doppelten
Länge.
Milica Vučković erzählt in der
Ich-Form die Geschichte von Eva, einer jungen Serbin, die in einer reizlosen Vorstadt
von Belgrad aufwächst. Ihre ehrgeizige Schwester Vera studiert
Molekularbiologie, die weniger ambitionierte Eva begnügt sich nach absolvierter
Schulpflicht mit der Anstellung in einer IT-Firma. Evas erste Liebesbeziehungen
verlaufen lauwarm, auch die zum emotional unterentwickelten Tomislav. Die frühe
Ehe mit ihm währt nicht lange, als bleibende Erinnerung bleibt ihr allerdings
das Söhnchen Mario.
Den klang- und glanzvollen Wendepunkt in Evas Leben scheint
die Begegnung mit Viktor einzuläuten. Er ist charmant, witzig, gibt
Pseudokluges über Kapitalismus und Kommunismus von sich, sieht aus „wie Apoll“,
und wenn seine Selbsteinschätzung nicht trügt, steht er am Beginn einer großen
Karriere als Journalist und Autor. Zu Eva sagt er: „Du bist meine Prinzessin.
Wir werden im Paradiesgarten leben.“ Konfrontiert mit Versprechungen dieser
Luxuskategorie, sollte bei einer klugen Frau eigentlich die emotionale Alarmanlage
aufheulen.
Paradiesisch ist das gemeinsame Leben in Deutschland, zu dem
sich Eva überreden lässt, ganz und gar nicht. Es sind aber nicht die mühevollen
Arbeiten als Reinigungsfrau und Hilfsköchin, unter denen sie leidet, die
Leidens- und Stressquelle heißt Viktor. Anfangs hat Eva die Zeichen von
Unberechenbarkeit und Rücksichtslosigkeit bagatellisiert oder die Schuld bei
sich selbst gesucht, aber irgendwann schiebt sich die bittere Realität gnadenlos
über die Wunschbilder.
Schwankend zwischen Selbstherrlichkeit und Selbstzweifeln, Sentimentalität
und Wutausbrüchen, bietet Viktor das erbärmliche Bild eines Mannes, der mit
sich selbst nie ins Reine gekommen ist und als Partner schlicht und einfach
eine Zumutung darstellt. Apollinische Schönheit bringt in solchen Fällen auch
nichts mehr. Die Phrase von der „toxischen Beziehung“ wird zwar heute allzu oft
und leichtfertig strapaziert, für das Liebesdesaster von Eva und Viktor trifft
sie aber zu.
Milica Vučković erzählt diese beklemmende Beziehungsgeschichte mit beeindruckender Überzeugungskraft; schnörkellos, aber nicht unpoetisch; empathisch, aber nicht rührselig. In der saloppen Sprache der nichtakademischen Literaturkritik nennt man so etwas einen „Wurf“.
Milica Vučković: „Der tödliche Ausgang von
Sportverletzungen“, Roman, Zsolnay, 189 Seiten, 23,70 Euro